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Diskussion: Petition Arzneimittelwesen – Keine Umsetzung des EU-Verkaufsverbotes für Heilpflanzen vom 20.09.2010, 2004/24/EG

Werden pflanzliche Heilmittel nun verdrängt, oder nicht?

Ersteinmal unser Leserin Christine ein großes Dankeschön: ohne ihren Link wäre die ´Online-Petition Keine Umsetzung des EU-Verkaufsverbotes für Heilpflanzen` völlig an uns vorbeigegangen. Also an dieser Stelle vielen Dank, Christine!

Sie hat uns am Artikel ´Herstellung Kleiner Schwedenbitter nach Maria Treben´ den entsprechenden Link zum Bundestag gepostet. Ich habe mich sogleich auf Recherche begeben, um ein wenig Licht ins Dunkel der vielen Informationen zu bringen. Ich lade Euch/ Sie herzlich zur Diskussion ein und stelle meine Sicht der neuen Verordnung 2004/24/EG im Weiteren kurz und knackig dar.

Petition Arzneimittelwesen – Keine Umsetzung des EU-Verkaufsverbotes für Heilpflanzen vom 20.09.2010

Sofort keimte natürlich der Gedanke auf, dass es in Zukunft so gut wie unmöglich sein würde, frei verkäufliche Heilpflanzen in Form von Tee, Tinkturen, Trockenware und so weiter zu bekommen. Doch nachdem ich die Verordnung gelesen habe, komme ich zu folgenden Schlüssen.

1. Die Verordnung 2004/24/EG dient der Vereinheitlichung der Vorschriften innerhalb der EU aus wettbewerbsrechtlichen Gründen

Soweit, so in Ordnung. Denn warum (und nun folgt ein rein hypothetisches Beispiel) sollte die echte Kamille frei aus den Niederlanden bestellbar sein, wohingegen Frankreich die Kamillenblüten nur als registrierte Arznei verkauft? Einheitliche Regeln sind also durchaus vernünftig.

2. Es gibt kein grundsätzliches Verbot für den Vertrieb von Heilpflanzen

Die Heilwirkung der pflanzlichen Mittel oder deren Bestandteile muss sich jedoch ab nun grundsätzlich wissenschaftlich anerkannt nachweisen lassen. Dazu reichen bei schon lange verwendeten Mitteln (Beispiel Kamille gegen Entzündungen) ein entsprechender Verweis auf Publikationen und Studienergebnisse. Und dazu gibt es dann auch eine vereinfachte Registrierung. So fallen dann also schwerpunktmäßig für Neuentwicklungen die benötigten Prüfungen und Registrierungen an.

3. Lebensmittel und homöopathische Mittel fallen nicht unter 2004/24/EG

Diese beiden Gruppen fallen nicht unter die neue Verordnung. Deklariert ein Hersteller den Kamillentee als Lebensmittel und verzichtet auf den Hinweis der Heilwirkung und entsprechende Indikationen: keine Registrierung vonnöten.

4. Zusammenfassung

Die neue Regelung bedeutet wohl ein wenig mehr Aufwand auf der formellen Seite, wenn man mit längst erprobten Heilmitteln und deren Komponenten arbeitet. Aber auf der anderen Seite: es gibt ja auch viele Scharlatane, die einem gern irgendwelche Hochglanz-Flyer schicken. Prüfung also korrekt, oder? Da die Verordnung gleichermaßen für Pharmaindustrie wie auch alternative Medizin greift, kann ich keine politische Bevorzugung einer bestimmten Gruppe erkennen.

5. Links zum Thema neue Verordnung 2004/24/EG

Die neue Verordnung 2004/24/EG im Original-Text als PDF
Die alte Verordnung 2001/83/EG im Original-Text als PDF
Die Online Petition Arzneimittelwesen – Keine Umsetzung des EU-Verkaufsverbotes für Heilpflanzen vom 20.09.2010

Ich lade Euch/ Sie alle zur Diskussion und zum Wissensaustausch ein!

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Empfohlene Beiträge

  • Stefan
    3. November 2010 at 12:57

    Hallo,

    es geht doch hier nicht darum was Brüssel macht zu verharmlosen, denn was kann uns eine Diktatur wie in Brüssel schon positives bringen. Es geht einfach darum neue Hürden für den Gebrauch von Heilpflanzen aufzubauen, die Beweispflicht für planzliche Produkte wurde nun durch die Hintertür eingeführt. Gerade Menschen welche die Pflanzenheilkunde betreiben kennen das doch schon seit Jahrzehnten. Es geht hier nicht um Verbraucherschutz oder Vereiheitlichung es geht darum kranke Menschen von alternativen Behandlungen durch Erschweren des Austausches von solchen abzuhalten. Wenn eine Chemotherapie für eine Krebserkrankung den Preis eines Familienhauses haben kann sind billigste Konkurrenzprodukte die frei in der Natur wachsen eine Gefahr für die Geschäftemacher aus der Pharma Industrie. Unsere schädliche Nahrung die für die Haltbarkeit und nicht für die Gesundheit hergestellt werden, enthalten zu viel Zucker und Transfette. Dadurch wird sichergestellt das die Zivilisationskrankheiten ständig zunehmen und genug Kranke für das Gesundheits Unwesen da sind, denn schliesslich muss diese Industrie ja leben. In der zweiten Stufe wir die Eurokraten erschwert an alternativen Heilmittel heranzukommen und das Monopol ist gesichert. Auch wenn in meinem Garten eine Wunderpflanze für alle Krankheiten wachsen würde, könnte ich diese nicht an den Mann/Frau bringen weil es verboten ist dieser zu verkaufen.

    M.F.G.

    Stefan

  • Dagmar
    3. November 2010 at 21:23

    Guten Abend Stefan,

    herzlichen Dank für Deinen Beitrag, lebhafte Diskussionen sind ja absolut notwendig.

    Als Kräuterfachfrau stehe ich der Pflanzenheilkunde sehr wohlwollend gegenüber. Dementsprechend habe ich bei 2004/24/EG die Pflanzen auch im Blick.

    Ich bitte an dieser Stelle darum, die neue Verordnung gut zu lesen. Denn es gibt kein Verbot!
    Die Hürden für die bewährten Heilmittel, wie Du sie beschreibst, sind zu bewältigen. Denn es reicht, die einfache Registrierung auszufüllen und eine Publikation vorzulegen, die die Heilwirkung bestätigt.

    Generell gilt auch für die Pflanzenheilkunde: nicht Alles, was Mutter Natur uns bereitstellt, lässt sich ohne wissenschaftliche Beweise so einsetzen, wie man es sich ohne Wissenschaft denkt. Sonst würden wir heute noch Walnüsse gegen Hirnkrankheiten verwenden. Auch die Pflanzenheilkunde sollte sich klar nachvollziehbare Beweise erarbeiten. Das erwarte ich von einer zeitgemäßen Phytotherapie.

    Dazu zählt auch die eventuelle Wunderblume in Deinem Garten: es müsste schon Langzeit-Studien geben, die die Heilwirkung nachweisen. Denn ich persönlich würde Niemand eine Wunderblume abkaufen, der das nicht belegen kann …

    Viele Grüße sendet

    Dagmar

  • Claus
    5. November 2010 at 16:19

    Liebe Leute,

    den Originaltext der Gesetzes habe ich mir zu Gemüte geführt. Als Heilpraktiker seit 1983 mit Schwerpunkt Phytotherapie kann ich hier keinesfalls das Aus für unsere traditionellen Heilpflanzen erkennen. Die gesetzlichen Hürden die hier aufgestellt werden sind zu nehmen, denn es gibt ausreichende Nachweise für die allermeisten unserer Arzneipflanzen. Dann handelt es sich eher um eine Anerkennung! Mit Pharma-Großkonzerne hat das alles nichts zu tun, denn der Vertrieb von pflanzlichen Arzneimitteln, insbesondere welche seit Jahrzehnten und Jahrhunderten verwendet werden liegt in der Regel in der Hand kleiner und mittelständischer Firmen die sich auf Herstellung und Vertrieb von Naturheilprodukten spezialisiert haben. Privatleute, lieber Stefan, können und dürfen aus gutem Grund schon sehr lange gemäß Arzneimittelgesetz keine Arzneimittel vertreiben und dazu gehören nun mal auch Heilpflanzen. Ferner möchte ich als Heilpraktiker gerne einmal insbesondere wenn es um Krebserkrankungen geht die „billigsten Konkurenzprodukte die frei in der Natur wachsen“ kennenlernen. Bitte schreibe mehr hierzu, denn diese würde ich natürlich gerne nutzen.

    Herzliche Grüße

    Claus

  • EinNamenloser
    5. November 2010 at 16:44

    DANKE!

    ENDLICH mal eine „Betroffene“, die sich die Mühe macht, den Text der RL mal zu lesen!
    Es fehlt vielleicht noch der Hinweis dass diese RL schon LANGE in Kraft ist und auch schon lange in nationales (deutsches) Recht umgesetzt wurde (AMG Novelle).
    Demzufolge stellt sich allein schon die Frage, was die Petition erreichen soll. Denn eine EU-RL ist nicht einfach irgendein Schrieb an den man sich (als Staat) halten kann oder nicht. Eine EU-RL hat GESETZescharakter. Und sie IST in nationales echt umzusetzen.

    Dir, liebe Dagmar, für „selbstständiges Denken“: Maximale Punktzahl erreicht. Selbe Punktzahl für „Ich glaub nicht alles was ich lese, sondern mach mich erstmal selber schlau“!

  • Stefan
    6. November 2010 at 13:15

    hallo, kann mir jemand sagen wer, wie, wo man diese lizenz bekommen kann. danke

  • perbleu
    7. November 2010 at 01:31

    Schön, dass es hier so schlaue Menschen gibt. Namenloses Stauen!

    Lassen Sie doch bitte andere an Ihrem Wissensschatz teilhaben, indem Sie mit einem offiziellen Link zum Gesetzesentwurf des entsprechenden Gesetzesbeschlusses aufwarten. Aber bitte kein Wikipedia, dort verändern sich manchmal rasend schnell Informationen…

    Grüße aus dem Orkus!

  • EinNamenloser
    8. November 2010 at 09:31

    Wieso „Gesetzesentwurf“? Das AMG (Arzneimittelgesetz) wurde schon 2005 geändert und die Paragraphen, die traditionelle pflanzliche Arzneimittel (!) betreffen befinden sich im Abschnitt 5. Nachzulesen auf der offiziellen (!) Seite gesetze-im-internet.de

    Für ARZNEIMITTEL galt aber schon IMMER das AMG und wenn die Petenten behaupten, dass sich die Regelungen jetzt verschlechtern, sollten sie doch wohl anhand der alten und der neuen Regelungen im AMG die Verschlechterung zeigen können oder? Das wird aber nicht getan. Stattdessen wird einfach unbewiesen behauptet, dass der Verkauf von Heilpflanzen etc jetzt verboten werden soll. Ebenso wird immer von „Lizenz“ und „Zulassung“ gesprochen, obwohl doch jetzt gerade das EINFACHERE Registrierungsverfahren für solche Arzneimittel zum Tragen kommt, die VORHER noch ZUGELASSEN werden MUSSTEN. Für die meisten Hersteller von traditionellen pflanzlichen FERTIGARZNEIMITTEL (denn nur die werden ja überhaupt erfasst!) wird es also vermutlich einfacher und billiger. Und wer seinen Schwampf vorher ohne Zulassung verkaufte – bzw verkaufen DURFTE – ist auch von der Neuregelung nicht betroffen.

  • Dagmar
    8. November 2010 at 22:25

    Hallo Alle,

    Danke für die rege Teilnahme an der Diskussion: spannend!
    @Claus: werde versuchen, mehr zu Heilpflanzen und Krebs zu schreiben
    @Namenloser: Danke für´s Lob!
    @perbleu: alle Links sind unten am Artikel zu finden!

    Beste Grüße sendet Ihnen/ Euch

    Dagmar

  • parbleu
    11. November 2010 at 15:29

    Viel Verwirrung wurde allerseits gestiftet.

    In der 14.AMG-Novelle sind noch lange nicht alle EU-Verordnungen umgesetzt (v.a. nicht jene, die traditionellen pflanzlichen Arzneien betreffenden), in der 15.AMG-Novelle konnte ich zu diesem Thema gar nichts finden. Ergo (wie auch aus den Nachrichten zu hören ist) wird die Verordnung 2004/24/EG in der Tat erst Anfang nächsten Jahres in Kraft treten (innerhalb der von der EU geforderten Frist von 7 Jahren).

    Ich hatte mir die EU-Beschlüsse zu Gemüte geführt und bin zu dem Schluss gekommen, dass etliche der Formulierungen darin alles andere als „harmlos“ sind. Gerade auf Grund der oft sehr allgemeinen Formulierungen, der widersprüchlichen Details und speziellen Formeln, die erst in Zusammenhang mit anderen, weiter unten aufgeführten Klauseln sehr restriktive Auslegungen zulassen. So ist z.B. „lange Tradition“ für pflanzliche Arzneien in Wirklichkeit mit „medizinischer Verwendung“, „innerhalb der EU“ für mindestens 15 Jahre, „außerhalb der EU“ für mindestens 30 Jahre an Hand „wissenschaftlicher“ Dokumentation nachzuweisen.

    D.h., es werden klinische Erfahrungen in der KLASSISCHEN Medizin in diesen Zeiträumen als einzig aussagekräftig erachtet, was wegen der Blockadehaltung derselben gegenüber traditionellen Heilpflanzen noch bis vor wenigen Jahren nicht unbedingt möglich ist. Es reicht daher nach meiner Auffassung dann nicht aus, einfach das „Buch der guten Hausmedizin“ vorzulegen, wovon die meisten vermutlich ausgehen. Wenigstens sind umfassende Labortests zur Qualität und Reinheit, sowie teure Gutachten zur Unbedenklichkeit erforderlich. Weiterhin könnte sich ein faktisch jahrelanges Verbot schon allein auf Grund der Zahl der anhängigen Verfahren ergeben.

    Formulierungen, auf Grund derer lediglich für einen „bestimmten“ Anwendungsfall eingesetzte Arzneien dem „vereinfachten“ Verfahren zugänglich sind (auch dieses benötigt wohl die beschriebenen Nachweise), schließen de facto einen Großteil derselben aus, da pflanzliche Mittel meist für mehrere Zwecke eingesetzt werden. Ähnlich Widersprüchliches in Bezug auf die Art der Darreichungsform: Arzneien zur Anwendung bei Nase, Ohren oder rektal werden nicht erwähnt und sind damit auch nicht für die „vereinfachte“ Zulassung vorgesehen. Ebenso würde die „Vitaminklausel“ z.B. Acerola-Präparate gefährden, da diese praktisch ausschließlich auf der Wirkung der enthaltenen Vitamine und Vitalstoffe beruhen usw. und so fort.

    Weiterhin ist damit zu rechnen, dass, sobald die vom zuständigen EU-Ausschuss betriebene Erstellung einer allgemeinen Monografie zu traditionellen pflanzlichen Arzneien fertiggestellt und diese damit rechtlich bindend wird, eine ERNEUTE Zulassung unter verschärften Auflagen zwingen nötig wird. Eine direkte Beantragung einer Zulassung bei der EU ist von vornherein ausgeschlossen; es ist Sache der Mitgliedsländer, (vereinfachte) Zulassungen bei der EU zu beantragen. Die Hersteller können sich also auf einen langen und steinigen Verfahrensweg einstellen.

    Allerdings ist die Petition für eine „Aufhebung des Verkaufsverbots“ vermutlich ohnehin eine Farce, da es ein solches dann zwar wohl faktisch, aber nicht formal gibt. Die Petition hätte sich für eine ordentliche Überarbeitung der zugrunde liegenden Verordnung einsetzen müssen!

  • EinNamenloser
    15. November 2010 at 14:41

    [quote]
    In der 14.AMG-Novelle sind noch lange nicht alle EU-Verordnungen umgesetzt
    [/quote]
    Doch.
    Lesen sie §39a und schauen sie mal in §141 abs.14. Da finden sie nämlich das „korrekte“ Datum des Endes der Übergangsfrist: 30.04.2011

    [quote]
    Ergo (wie auch aus den Nachrichten zu hören ist) wird die Verordnung 2004/24/EG in der Tat erst Anfang nächsten Jahres in Kraft treten (innerhalb der von der EU geforderten Frist von 7 Jahren).
    [/quote]
    Quatsch. Einfach die RL selbst lesen. Ganz unten steht dann:
    Tritt im Kraft am Tag der Veröffentlichung im Amtsblatt. Das war der 30.4.2004. Deswegen läuft die Übergangsfrist auch bis zum 30.4.11 und nicht wie fälschlicherweise vermutet bis zum 1.4.
    Der 1.4. kommt vermutlich daher, weil unten in der RL der 31.3.2004 steht. Das war aber NICHT der Tag der Veröffentlichung!
    Wer also lesen kann, ist wie üblich klar im Vorteil!

  • parbleu
    23. November 2010 at 15:11

    Wir reden von der gleichen Sache, denke ich.
    Wenn ich sage, tritt „erst Anfang nächsten Jahres in Kraft […] (innerhalb der von der EU geforderten Frist von 7 Jahren“, dann meine ich, dass die Umsetzung der Verordnung durch die Herstellung erst bis April 2011 erfolgen muss, d.h. die Prüfung, trad. pflanzlicher Arzneien, an Hand der von der EU geforderten Kriterien.

    Und da möchte ich wissen, bei wie vielen die Genehmigung noch nicht erfolgte, bzw., welche Kräuter hier für das vereinfachte Verfahren überhaupt zugelassen werden/wurden. Auch fraglich: ist das „Referenzwerk“ des EU-Ausschusses schon fertiggestellt? Wenn ja, dann müsste, so verstehe ich die EG-Verordnung, eine ERNEUTE Prüfung der fraglichen Arzneien an Hand dieses Werks erfolgen.

  • Niklas
    4. März 2011 at 20:56

    Hallo zusammen,

    Meine Frage:
    Wie verhält es sich da mit “noch exotischeren